Arsenalspieler Jakub Kiwior und Gabriel dos Santos Magalhaes stellen sich zwischen den Ball und Man City Stürmer Erling Haaland.

City vs. Arsenal Teil 3 – Premier League Prognose 2024/25

Als Arsenals Trainer Mikel Arteta neulich in einer Pressekonferenz gefragt wurde, was es braucht, um die Premier League zu gewinnen, lieferte er den Reportern die denkbar treffendste Antwort: “114 Punkte!” Die perfekte Saison, kein einziger Punktverlust. Die volle Punktezahl ist praktisch unmöglich, aber offenbar darf man sich kein niedrigeres Ziel setzen, wenn man in dieser Ära in England Meister werden will. In der Ära von Manchester City.

Im Würgegriff des himmelblauen Ungeheuers

2023/24 wollte sich die englische Erstklassigkeit wieder von ihrer besten Seite zeigen. Ein Club, der seine Identität wiedergefunden hat, erklimmt nach Jahren der Entbehrungen wieder die Spitze. Doch für Arsenal reichte es nicht. Nicht weil die jungen Gunners wie 22/23 angesichts des himmelblauen Ungeheuers in Ehrfurcht erstarrten, sondern für City das Gewinnen zum Tagesgeschäft gehört.

Längst hat sich die Übermacht der Citizens in den Köpfen der Konkurrenz festgefressen. Viele geben auf, bevor sie überhaupt das Feld betreten haben. Und wer Pep Guardiolas Truppe oft genug spielen gesehen hat, weiß, was gemeint ist. Sie lähmen und sezieren ihre Gegner mit eiskalt perfektioniertem Automatismus. Wer sich dagegen sträubt, wird umso härter bestraft. Selbst Peps Taktik ein- und auswendig zu wissen, hilft wenig: Kann die Offensive die gegnerische Abwehr nicht knacken, war die Individuelle Qualität zur Stelle. Personifiziert durch De Bruyne, Haaland, Foden, Silva, Dias, Doku, Rodri und wie sie alle heißen.

Und doch war Manchester City nicht unantastbar. Arsenal schlug sie zuhause und erzwang im „Etihad“ ein Remis. Damit erwiesen sich die Nordlondoner endgültig als meisterwürdig. Letztendlich wurde der Titel nur um zwei Punkte verpasst. Wie Arteta schon mit dem 114-Punkte-Ziel symbolisch andeutete: den Meister zu bekämpfen ist das eine, die Verhältnisse herauszufordern das andere.

Pep Guardiola und Mikel Arteta an der Seitenlinie
Auf Augenhöhe: Arteta lässt sich vom ehemaligen Lehrmeister nicht mehr zeigen, wo es lang geht. (Credit: IMAGO/MI News)

Es reicht nicht, das Ungeheuer zu bezwingen

Will man City schlagen, muss man eine roboterhafte Konstanz über die gesamte Saison hinweg halten. Vier Niederlagen könnte bereits eine zu viel gewesen sein. Was braucht also Arsenal, um das zu schaffen? Zermürbenden Dominanz-Fußball! Peps ehemaliger Lehrschüler arbeitet gewissermaßen seit Jahren darauf hin. Es stellt sich nur die Frage, ist der Arsenal-Trainer soweit? Um genau zu sein, sind alle seine Spieler endlich so weit?

Odegaard, Saka, Rice, Saliba und andere Stars mögen diesen Ansprüchen gerecht werden. Mit ihnen kann Arteta spielerische Intelligenz und Reife aufbieten, wie man sie beim Hauptrivalen beobachten darf, aber Verletzungen und ein nicht genug tiefer Kader brachten die Harmonie wiederholt durcheinander. Abgesehen von Calafiori (von Bologna gewechselt) kann Arsenal keine spektakulären Transfers aufweisen. Es hört sich absurd an, doch der Kader der Gunners dürfte erneut zu wenig Tiefe für einen Meistertitel haben.

Der Vizemeister kann einzig und allein darauf hoffen, die Citizens sind so langsam des Siegens und der Titel überdrüssig geworden. Wenn dem jedoch so wäre, dann hätte dieser Zustand spätestens in der Vorsaison eintreffen müssen, nachdem Guardiola sich endlich von der Last des Champions League-Fluchs befreit hat. Einen Umstand gibt es aber, der Sand im Getriebe der Maschine Manchester City sein könnte. Dem schwerreichen Club steht immer noch ein Gerichtsverfahren bevor wegen 115 mutmaßlichen Finanzverstößen und systematischer Intransparenz.

Dieses Damoklesschwert hängt über dem Verein seit eineinhalb Jahren. Zu Irritationen auf dem Spielfeld hat das drohende Verfahren nicht geführt. Nun gibt es allerdings einen Termin und wir wissen, ab Herbst wird es so langsam ernst für den stinkreichen Club. Das Strafmaß könnte je nach Ausgang vergleichsweise mild ausfallen (Punkteabzug) oder Zwangsabstieg plus Aberkennung von Titeln nach sich ziehen. So oder so, City kann sich nur selbst schlagen.

Liverpool auf keinen Fall abschreiben

Nachdem Jürgen Klopp Liverpool verließ, hat es fast so gewirkt, als ob eine Ära der Transition – voll der schmerzhaften Lektionen – unausweichlich ist. Allerdings scheint Neo-Trainer Arne Slot nicht nur anzusetzen, wo Klopp aufgehört hat, sondern die taktische Evolution seines Vorgängers auf seine Weise weiterzuentwickeln.

Wie Pep und Arteta verfolgt auch der Niederländer die Philosophie der totalen Kontrolle über das Spiel durch Ballbesitz-Fußball. Seine Spieler müssen jederzeit in der Lage zwei Anspielstationen haben, sich mit oder ohne Ball fließend auf engstem Raum zu bewegen wissen, um solide Defensivreihen auszuspielen. Energetisch und Zweikampfbetont muss die Truppe auftreten.

Slot wurde bewusst aufgrund seiner Qualitäten ausgewählt, die man hat sehen können, als er in der Eredivisie Feyenoord zur Meistermannschaft formte. Zudem sagt man ihm nach, wie Klopp ein Spielertrainer zu sein. Also ein Mann, der Feingefühl beweist und ein offenes Ohr für seine Spieler hat. Weshalb es ihm auch gelungen ist, die absoluten Leistungsträger an sich zu binden. Der Glaube ist da und dieser Club lebt und atmet den Glauben.

Das vielerorts befürchtete Auseinanderbrechen der Mannschaft ist nach Klopps Abgang nicht eingetreten und die Zusammenarbeit verlief bislang erfolgreich: Vier Siege, ein Remis so die Bilanz der Sommertour. Ohne nennenswerte Transfers werden die Reds aber wie in der finalen Phase der Vorsaison ins Straucheln geraten. Die Abfuhr nachdem der Zubimendi-Deal fast fix schien, schmerzt die Reds sehr.

Liverpool Trainer und Dominik Szoboszlai im Gespräch.
Slot spricht, die Spieler hören dem neuen Trainer zu. (Credit: IMAGO/Icon Sportswire)

Gedämpfte Erwartungen und aufgeblähte Kader

Bei Manchester United wäre es überhaupt eine Überraschung, wenn sie aktiv um die Top 4 kämpfen können. Die Red Devils kommen einfach nicht aus der Verletzungskrise heraus und dann verletzt sich auch noch ihr Top-Zugang aus Lille in der Vorbereitungsphase. Seine ersten drei Monate wird der 18-Jährige Leny Yoro (Ablöse 62 Millionen Euro) auf der Tribüne verbringen, wo er als Neuling gleich Freundschaft mit Rasmus Höjlund schließen kann.

Auf den wertvollen Stürmer mit vorbildlichem Arbeitsethos wird Erik ten Hag die ersten Wochen verzichten müssen. Für den Man United-Trainer kündigt sich bereits vor dem ersten Spieltag eine schwierige Saison an. Die Transferexzesse sowie deren teure Fehlgriffe haben die Vereinskassa ordentlich überstrapaziert, das Stadion ist stellenweise im maroden Zustand und erfordert dringende Sanierungsmaßnahmen. Ein (Cup)-Titel ist nicht auszuschließen, wie die letzte Saison gezeigt hat, aber die Meisterschaft gehört nicht dazu.

Chelsea hingegen sorgt weiterhin für Schlagzeilen. Weil Investitionen von über einer Milliarde Euro in den letzten zwei Jahren wenig gefruchtet haben, wird weiter fleißig eingekauft am Spielermarkt. Unter anderem Pedro Neto für 60 Millionen Euro. Neto ist ein begabter wie verletzungsanfälliger Rechtsaußen Spieler, der in 111 Einsätzen für Wolverhampton 11 Tore und 20 Assists erzielte. Jedes einzelne Tor des Portugiesen, den man für 7 Jahre zu halten gedenkt, sind wahrlich Millionen wert.

Um Sanktionen aufgrund exorbitanter Ausgaben zu verhindern, hat Clubbesitzer Todd Boehly ein paar Spieler weitervermitteln können. Rote Zahlen schreiben die Blues trotzdem. Und Chelseas neuer Mann an der Seitenlinie, Enzo Maresca, wird sich mit Boehlys aufgeblähtem Kader abfinden müssen: Ohne Leihen stehen ihm über 40 Spieler zur Verfügung. So ist wenigstens für Pedro Netos Backup gesorgt, falls er wieder ins Lazarett muss.

Fans, denen Todds Transfer-Zirkus und Zahlenverständnis sorgen bereiten, können nur hoffen, dass Maresca es rechtzeitig schafft, aus diesem Monsterkader ein Team zu formen. Der Italiener hat zu viele Spieler und zu wenig Zeit, um sich zu beweisen. Mauricio Pochettino gelang das am Ende der vergangenen Saison auch – nur eben zu spät für Todds Geschmack. Und die erfolgsverwöhnten Fans der Oligarchen-Ära sind ohnehin nicht für ihre Geduld bekannt.

Manchester United und Chelsea Spieler warten auf den Freistoß.
Werden Man United und Chelsea das Kopf an Kopf-Rennen unter der Top 4 bestimmen? (Credit: IMAGO/Paul Marriott)

Fazit: Manchester United wird um internationale Plätze kämpfen, nicht zwingend um die Königsklasse. Über Chelsea hängt grundsätzlich ein großes Fragezeichen, sie können fünfter oder 15. werden.

Über-Performer und scheitern auf hohem Niveau

Newcastle ist zwar immer noch der reichste Club der Liga, ihr finanzieller Spielraum ist gleichwohl begrenzt. Dennoch, mit allen Schlüsselspielern an Bord – Isak, Tripier, Guimaraes, Gordon sowie dem zurückgekehrten Sandro Tonali – sind sie die Magpies stark genug, um oben mitzumischen. Ansonsten bleibt es beim guten Mittelfeld.

Bei Aston Villa fragt sich, wie gut die Birminghamer die Champions League-Doppelbelastung trotz personeller Vollbesetzung wegstecken könnten. Nicht selten wird für Sensationsteams der Erfolg der Vorsaison zur Belastungsprobe. 2023/24 jedenfalls ging ihnen im Endspurt die Puste aus: Der vierte Platz wurde mit Ach und Krach abgesichert und im Halbfinale der Conference League blamierte man sich gegen Olympiakos Piräus. Zur Verteidigung der Villans: Piräus sollte der spätere ECL-Sieger werden.

Ein Augenmerk sollte vielleicht auf Oliver Glasners Crystal Palace gelegt werden! In der vergangenen Spielzeit wurde er als Feuerwehrmann eingesetzt und übertraf alle Erwartungen: 7 Siege, 3 Remis und nur 2 Niederlagen (zwei davon gegen City und Spurs) brachten die im Sturzflug befindlichen Eagles aus der roten Zone. Glasner hat damit selbst die Latte höher gelegt, nun will man erheblich mehr als den Klassenerhalt. Manche träumen sogar von Europa.

Tottenham ist wie immer eine Überraschungstüte der eigenen Sorte. Konstanz wird wieder ein großes Thema bei den Spurs sein. Ange Postecoglou konnte seinen Spielstil weitestgehend erfolgreich sichtbar machen, der Rest ist Ausmerzen von Fehlern. Die große Herausforderung für Ange wird die Mentalitätsfrage sein, die er ebenso wie sein geschasster Vorgänger Antonio Conte öffentlich zur Debatte stellte. In Tottenham ist ein Trainer vor allem dann erfolgreich, wenn er diese Debatte vermeiden kann.