Napoli: Mit Wut im Bauch gegen Inter

Eigentlich waren wir dabei eine vorsichtige Meister-Empfehlung für die Serie A abzugeben. Doch nach der Atalanta-Farce hat die Euphorie in Neapel berechtigterweise abgenommen. Das soll nicht heißen, dass der Kultclub aus Süditalien abzuschreiben ist. Ein Sieg gegen Inter und schon brodelt der Vesuv wieder. Denn drei Punkte in Mailand wiegen erheblich schwerer als der Ausrutscher zuhause gegen die Bergamasken; weil sie in diesem Duell für Napoli so selten geworden sind! Was also spricht dafür?

Nicht in Schockstarre verfallen

Der Tabellenführer beim ersten Verfolger. Am 12. Spieltag wird dieses Spiel angesichts der Anzahl der noch zu vergebenden Punkte keinen vorentscheidenden Charakter haben, aber hier entsteht das Fundament, für den Rest der Saison. In solch einer Begegnung steht eine Mannschaft mehr unter Druck als es der Kontrahent tut. In diesem Fall ist es Napoli.

Dass dem so ist, haben sich die Himmelblauen selbst zuzuschreiben: Im Duell „Serie As stärkste Defensive gegen die beste Offensive“ wurden die Hausherren von Atalantas Ademola Lookman regelrecht auseinandergenommen. Zudem kommt das verlorene Momentum nach einem zehnwöchigen Triumphzug: Abgesehen von einem Remis gegen Juve fuhren die Neapolitaner 9 Siege (6 in Serie) bei nur 2 Gegentoren ein.

Zugegebenermaßen Lookman, Mateo Retegui und Co. haben mit ihrer Glanzvorstellung selbst die eigenen Fans überrumpelt. Napoli muss dafür jetzt Nehmerqualitäten beweisen – aufstehen, abputzen und den Rückschlag wegstecken. Absoluter Fokus auf den nächsten Gegner. Wieder an das Momentum anknüpfen. Trainer Antonio Conte resümierte danach, sie dürfen sich von dieser Niederlage nicht so demotivieren lassen, wie sie sich vorher vom Erfolg nicht hätten blenden lassen sollen. Mit dieser Einstellung sollten sie auch das kommende Duell angehen.

Napolis Romelu Lukaku im Zweikampf gegen einen Atalanta Spieler
Von der „Göttin“ bezwungen. Mehr als nur ein Ausrutscher? (Foto: IMAGO | Giuseppe Maffia)

Tabellenführer und Außenseiter

Historisch betrachtet (176 Partien, wettbewerbsübergreifen) ist eine Siegquote von 29,5 Prozent gegen einen zwanzigfachen Meister kein Weltuntergang. Kombiniert man diesen Schnitt mit den 43 Unentschieden, kann die Bilanz (95 mal ungeschlagen) sogar als überwiegend positiv interpretiert werden. Das Ziel Napolis sollte aber sein, die Nerazzurri im San Siro herauszufordern. Genau darin liegt das Problem.

Diesem Anspruch ist man in den vergangenen sechs Jahren nicht gerecht geworden. Da brachten es die Partenopei nicht über drei Siege hinaus, wobei einer davon in der Coppa Italia errungen wurde. Die zwei Ligaerfolge wurden am 37. und 36. Spieltag der jeweiligen Saison gefeiert. In beiden Fällen war die Meisterschaft bereits entschieden. Es ging um nichts mehr.

Unter diesen 17 Partien finden sich immerhin sechs Unentschieden, wobei nur zwei Punktteilungen in der Fremde erzwungen wurden. In der gegenwärtigen Situation, in der noch alles offen ist, wäre ein Triumph bei Inter mit dem Verbannen eines Fluchs gleichzustellen.

Mit Conte soll der Fluch gebrochen werden. Schließlich weist der 55-Jährige eine formidable Bilanz gegen seinen Ex-Club auf auf: 6 Partien, 4 Siege und 2 Unentschieden. Betont werden muss auch, dass diese beachtliche Leistung als Trainer von Juventus zustande gekommen ist. Dagegen gilt das Unentschieden mit Atalanta – mit dem er noch in der gleichen Saison (2009/10) abgestiegen ist, während Inter zum Meister gekürt wurde – als herausragend.

Internazionale gar nicht so stark?

Vielleicht hat Napoli genau zum richtigen Zeitpunkt verloren – um daraus gestärkt hervorzugehen. Wenn der aktuelle Tabellenführer aus dieser Lektion gelernt hat, dann ist im San Siro durchaus alles zu holen. Und so ungern sie auf diesem Grund spielen, Ende Oktober bezwangen sie Milan vor seinem Heimpublikum 2:0, wo sie ebenfalls als Außenseiter galten.

Darüber hinaus ist Inter keineswegs tadellos: So ist am 5. Spieltag die Derby della Madonnina-Serie von sechs Siegen gegen den Stadtrivalen Milan gerissen. Man hatte das Heimrecht und wurde von den Rossoneri dennoch auf ganze Linie dominiert. Einige der letzten Siege gingen reichlich knapp aus, wie etwa zuletzt in der Liga gegen Venedig.

Gegen Juventus wurde eine 4:2-Fürhung hingeschmissen und unnötig 2 Punkte verspielt. In der 3. Runde der Champions League setzte man sich gegen die strauchelnden Young Boys erst in der Nachspielzeit durch.  Nur 2 der vergangenen 11 Pflichtbegegnungen wurden mit mehr als mit einem Tor Differenz gewonnen. Der wichtigste Faktor vor diesem Duell könnte jedoch die Doppelbelastung sein, von der Napoli profitieren sollte.

Inter gewinnt nicht immer überzeugend, aber konstant erfolgreich sind sie! (Foto: IMAGO | ABACAPRESS)

Vergangenen Mittwoch musste Inter viel Energie aufwenden, um Arsenals unablässige Attacken abzuwehren. Der 1:0 Arbeitssieg wird bis Sonntag nicht spurlos an den Spielern vorbeigegangen sein. Inters tödlichste Waffe im Angriff ist das Kreieren von Räumen, aus denen schnelle Vorstöße Richtung Tor initiiert werden. Es würde nicht überraschen, wenn diese für alle Feldspieler bewegungsintensive Taktik ihren Tribut gefordert hat.

Fazit:

Die Partenopei ihrerseits sind in keinem der drei internationalen Wettbewerbe vertreten und hatten eine Woche Zeit, um sich auf dieses Aufeinandertreffen vorzubereiten. Contes 5er-Kette hingegen sollte wieder jene solide Mauer bilden, die sie vor dem Atalanta-Ausrutscher war. Wertvolle Vorteile, aber keine Siegesgaranten. Daher gehen wir von einem Unentschieden aus, bei dem nicht mehr als zwei Tore fallen sollten!